Wir Weltmeister
Ekelcontent: Nix fürs schwache Gemüt.
Als die deutsche Nationalmannschaft 1990 den World Cup gewann, regte sich für einen Abend die nationale Anarchie, aus Bürgern wurden Deutschland- und Reichskriegsflaggenwedler, die für wenige Stunden es sich heraus nahmen, in ihren Familienlimousinen wild hupend Einbahnstraßen in der verkehrten Richtung zu passieren. Volltrunken kommentierte mein Kumpel Schinken die nationale Euphorie lautstark, "Deutschland, Blumenland!", und wurde dafür mehrfach am Leibeswohl bedroht.
Ich weiß nicht, wie die Weltmeisterschaft 2006 ausgehen wird. Beim Player Mag jedoch scheint man zu ahnen, dass bereits in der Vorrunde Ungemach droht und auch dieses Turnier nicht zu kollektiven Eruptionen führen wird. Das Wunder von Berlin, empfängt einen die Startseite und meint damit nicht den Pokalsieg der Berliner Veilchen gegen die Hertha-Bubis (wmv). "Warum wir an unser Team glauben", raunzt es eine Zeile drunter.
Hübsche Bildstrecken mit den üblichen Verdächtigen illustrieren die Homepage: Maybritt Illner stößt vorm düster dräuenden Reichstag an, Anke Engelke lässt leicht bekleidet passieren, und Götz George hält vor Industrieruinen, was er ohnehin schon immer versprach. Dergestalt wär der Deutsche gern Weltmeister.
Wir Weltmeister, heißt ein Text von Stefan Kruecken, 31, Reporter, der ausspricht, was im nationalen Hinterstübchen so vor sich hinbrütet:
Wir sollten nicht zulassen, dass uns jemand die WM zerfleddert. Kein Niemand aus der Politik, nicht irgendwelche Warentester. Nicht die üblichen Klageschreiber und Defätisten. Wir lassen uns ja nicht mal die Vorfreude von den Funktionären der FIFA zerstören, was etwas heißen will.
Player, Juni 2006
Geh doch rüber, wenn's dir nicht passt!
2 Comments:
Was hat das denn mit Anarchie zu tun? Ich würde eher sagen, dass das spontaner Mobrule war!
Zu beobachten waren ja nicht nur leichte Erregbarkeit, komplette Einbuße an Kritikfähigkeit und die Verschlossenheit vor dem Argument, sondern eben auch die kindliche Freude, für die Dauer des Fahnenwedelns Regeln brechen zu dürfen, die man sonst peinlichst genau befolgt und deren Übertretung, beim anderen beobachtet, zur Anzeige bringt.
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